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Ein Gespräch mit Entwicklungsleiter Frank Patz-Brockmann, Contact Software

Nach dem offiziellen Launch der CIM Database Cloud konnte ich mit Frank Patz-Brockmann, Direktor Software Engineering bei Contact Software, ein Gespräch führen, in dem er mir einen tieferen Einblick in die Besonderheiten und Leistungsfähigkeit des Cloud-PLM Systems gegeben hat.

Entwicklungsleiter Frank Patz-Brockmann (Bild Contact Software)

Ulrich Sendler: Herr Patz-Brockmann, ist CIM Database Cloud eine abgespeckte Version von CIM Database?

Frank Patz-Brockmann: Nein, es ist die gleiche Software, die auch On-Premises installiert werden kann. Die Grundlage ist unsere sehr umfangreiche Plattform Contact Elements, in der ein Unternehmen alle Funktionen und Module findet, die es für eine vollständige PLM-Strategie benötigt.

Etliche Kunden nutzen bereits CIM Database in der Cloud, da wir dieses Betriebsmodell schon fast zwei Jahre anbieten – allerdings ohne es bislang aktiv zu bewerben. Dabei haben sie die Wahl zwischen zwei Produktausprägungen: Entscheiden sich Kunden für CIM Database als Software-as-a-Service (SaaS), bekommen sie Standardsoftware Out-of-the-Box mit ein paar Einstellungsoptionen.

Mit einer Lizenz für Plattform as a Service (PaaS) haben Unternehmen über die Standardfunktionalität hinaus ungefähr dieselben Möglichkeiten, unser PLM-System an ihre spezifischen Anforderungen anzupassen, die sie auch bei der Vor-Ort-Installation haben. In beiden Fällen übernehmen wir für die gesamte Infrastruktur und Lauffähigkeit die Verantwortung.

Ulrich Sendler: Was ist mit den Ausbaustufen gemeint, für die sich laut Pressemitteilung ein Kunde entscheiden kann?

Patz-Brockmann: Unser Produktportfolio umfasst mehr als 60 Fachanwendungen für den gesamten Produktlebenszyklus, die sich flexibel kombinieren lassen. Daraus haben wir drei Pakete mit unterschiedlichem Funktionsumfang zusammengestellt, die auf den jeweiligen Digitalisierungsgrad der Unternehmen im Produktentstehungsprozess zugeschnitten sind: Collaborate, Accelerate und Innovate.

Ulrich Sendler: Gleichzeitig kann der Kunde auch wählen zwischen festen Lizenzen pro Nutzer und Pay per Use. Können Sie das kurz erläutern?

Patz-Brockmann: Es sind zwei Preismodelle. Subscription per User ist ein Monatspreis pro Anwender oder pro Arbeitsplatz. Seit einigen Monaten bieten wir außerdem einen dynamischen Preis an, weil wir die Nutzungszeit von Anwendern – natürlich mit ihrer Zustimmung – aufzeichnen können. So können Kunden einen wesentlich günstigeren Basispreis pro Installation bekommen. Bei Anwendern, die nicht täglich mit dem System arbeiten, sondern es nur einige Stunden pro Woche oder sogar Monat nutzen, steckt hier ein wichtiges Einsparpotenzial. Ab einer bestimmten Anzahl Stunden wird es unter Umständen teurer als die volle Lizenz. Durch die Aufzeichnung der Nutzungszeit ist die sinnvollere Lösung für den Kunden transparent.

Ulrich Sendler: Auf welcher Cloud-Plattform läuft CIM Database Cloud?

Patz-Brockmann: Wir haben uns nach sorgfältiger Abwägung aller wichtigen Aspekte im Vergleich zu anderen Angeboten für Amazon Web Services (AWS) entschieden. Neben der Sicherheit der Server-Umgebung und der dort verwalteten Daten ist die Performance der Lösungen und Dienste mindestens ebenso wichtig, die uns der Anbieter für die Automatisierung des Infrastrukturmanagements bereitstellt. Da sind wir derzeit bei AWS sehr gut aufgehoben.

Eine Reihe von Kunden hat sich auf Microsoft Azure als Plattform festgelegt. Da läuft unsere Cloud-Lösung genauso gut. Aber in diesen Fällen bieten wir keine Services an und verkaufen ausschließlich Lizenzen. Hier sind der Kunde und seine IT-Abteilung wie früher zuständig für die Infrastruktur, die Updates und so weiter.

Wir können aber jederzeit auf eine andere Plattform wechseln. In unsere Software sind keine AWS-spezifischen Services eingebaut, durch die wir in eine Abhängigkeit geraten würden. Ein Kunde, der etwa OpenShift betreibt, könnte unsere CIM Database Cloud problemlos als Docker-Container laufen lassen.

Ulrich Sendler: Ist die Grundlage Ihres Cloud-Angebots die Zerlegung von CIM Database in Microservices, wie sie typisch sind für Composable Software?

Patz-Brockmann: Ein Microservice-Prophet würde das verneinen. Wir haben nicht jede Funktion und jedes einzelne Element unserer Plattform als Microservice realisiert – und das aus guten Gründen. Hinter dem gesamten PLM-Angebot steht ja der Anspruch, beispielsweise Daten aus einer Stückliste mit Daten aus einem Projekt in Verbindung bringen zu können. Dazu müssen Projektmanagement und Stücklistenmanagement auf ein und dieselbe Datenbank zugreifen. Beim reinen Microservice sind jeweils nur die Daten verfügbar, die zur jeweiligen Funktion gehören.

Aber auf der Grundlagenebene gilt natürlich: Wie wir Daten abspeichern, Suchmaschinen einbauen, die Benutzerauthentifizierung realisieren – dafür nutzen wir Microservices.

Projektmanagement mit CIM Database Cloud (Bild Contact Software)

Ulrich Sendler: Gibt es vom Funktionsumfang her einen Unterschied zwischen der Cloud-Lösung und der On-Premises-Installation?

Patz-Brockmann: Nein. Momentan fehlen in der Cloud vielleicht noch ein oder zwei Prozent vom vollen Funktionsumfang. Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Wir werden schon in Kürze auch in der Cloud den vollen Umfang bieten. Was ein wenig komplizierter ist, sind vor allem die Schnittstellen zu ERP. Unsere Software zeichnet sich durch ihre hervorragende Integrationsfähigkeit aus, die wir auch in der Cloud bieten wollen. Der Zugriff auf Daten über Systemgrenzen hinweg funktioniert in der Cloud jedoch anders als bei On-Premises. Deshalb sind hier noch nicht alle Module von Contact Elements Cloud-ready. Aber bald.

Ulrich Sendler: Basieren diese Schnittstellen künftig auf dem Standard REST API?

Patz-Brockmann: REST API ist eine sehr grundlegende Technologie und wir unterstützen Kunden, die damit arbeiten. Aber wir haben den Anspruch, auch in der Cloud die Funktionalität zu bieten, wie wir sie nur mit Direktschnittstellen realisieren können.

Es gibt sehr verschiedene Reifegrade bei den Kunden. Bei größeren ist unter Umständen schon eine eigene Cloud-Landschaft anzutreffen, während kleinere sich damit eher schwertun. Wir versuchen gerade bei ERP, den Leistungsumfang der bisherigen Lösung beizubehalten, auch wenn wir weitgehend in der Cloud arbeiten. Man kann das auf REST API umstellen, aber die herkömmliche Art der Anbindung kann viel mehr, und das gilt – sogar in besonderem Maße – auch für CAD.

Ulrich Sendler: Sie sagten, die Cloud-Lösung ist schon seit fast zwei Jahren im produktiven Einsatz. Was ist Ihre bisherige Erfahrung damit?

Patz-Brockmann: Es ist eine erstaunliche Erfolgsgeschichte. Unser Cloud-Geschäft verdoppelt sich derzeit etwa jährlich. Die Kunden entdecken und lieben die großen Vorzüge, wenn ihnen der Betrieb und das Management der Infrastruktur abgenommen wird. Viele sind vollständig auf die Nutzung der Standardlösung umgestiegen und verzichten auf größeres Customizing. Nach den bisherigen Erfahrungen scheint klar, dass auch im PLM die Zukunft in der Cloud liegt.