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Interview mit Geschäftsführer Dr. Thomas Holm

SALZ Controller ist eine offene, Linux-basierte und hardwareunabhängige Automatisierungsplattform. Das 2021 gegründete Start-up SALZ Automation bietet aber auch komplette Lösungen inklusive Schaltschrank, Relais, Steuerung und Stromversorgung aus einer Hand. Mit einem der Geschäftsführer, Dr. Thomas Holm, hat Industrie-Digitalisierung ein Gespräch über die Ziele der Gründung und die Positionierung des Unternehmens geführt, das einer der Anbieter in der Marktübersicht Smart Automation ist. (Alle Bilder: SALZ Automation)

Ulrich Sendler: Herr Dr. Holm, was war das Motiv, als Sie mit Thomas Hüttemeier 2021 das Unternehmen gegründet haben?

Dr. Thomas Holm: Wir beide haben bei großen Automatisierungsanbietern über etliche Jahre die Erfahrung gemacht, dass die Industrie immer stärker nach einer Flexibilität und Offenheit in der Automatisierung sucht, die ihnen die traditionellen Hersteller nicht bieten konnten. Neue Lösungen sind gefragt für immer mehr Automatisierungsprojekte, für die das alte Konzept proprietärer Steuerungen keine Antwort hat. In den Zehnerjahren kamen dann Linux-Echtzeit, erste Edge-Geräte und dann auch Docker und Kubernetes für die Entwicklung offener Container-Apps, und das sahen wir als unsere Chance. Auf dieser Basis konnten wir jede innovative Lösung realisieren.

Ulrich Sendler: Wofür steht der Name ihrer Marke SALZ?

Plattform mit Würze

Dr. Thomas Holm: Thomas Hüttemeier hat die Firma in Bad Salzuflen gegründet. Das war der Ursprung. Das man dabei auch an Würze denkt, finden wir für unsere Lösungen sehr passend.

Ulrich Sendler: War der SALZ Controller das Hauptprodukt, auf das Sie das Geschäft aufbauen wollten?

Dr. Thomas Holm: Nein, wir hatten von Anfang an vor, unseren Kunden Komplettlösungen für die Automation zu bieten. Daraus sind drei Geschäftsbereiche geworden: Erstens – und das macht derzeit etwa die Hälfte des Umsatzes aus – die Entwicklung von Embedded Software und Geräten. Für OT, aber auf Basis der heute verfügbaren Technologien, gibt es einen enormen Bedarf. Zweitens bieten wir das Automatisierungs-Engineering als Dienstleistung. Von der Systemarchitektur über Applikationsentwicklung, E-Planung und Schaltschrankbau haben wir Spezialisten. Das dritte Geschäftsfeld ist der Produktabsatz, bei dem auch unsere Controller und Edge-Geräte mit Linux-Plattform zum Einsatz kommen.

Ulrich Sendler: Gibt es bestimmte Branchen oder Anwendungsfelder, auf die Sie sich fokussieren?

Dr. Thomas Holm: Unsere Kunden kommen aus den verschiedensten Anwendungsfeldern. Es gibt kaum einen Zweig, der nicht den Bedarf flexibler Steuerungstechnik hat. Abseits der Fabriken sind wir auch in der Gebäudeautomation aktiv. Einige zukunftsweisende Projekte haben wir im Sondermaschinenbau gemacht. Etwa für automatische Steuerung und Management des Starts, der Landung und des Ladevorgangs von Drohnen mit zwei Metern Spannweite, die Anfang des Jahres erstmals vom Luftfahrtbundesamt für Just-in-Time-Lieferung zugelassen wurden. Aber das Interesse an flexiblen, skalierbaren Lösungen wächst generell im Maschinenbau.

Ulrich Sendler: Bei Apps denkt man an Apple und Android. Wie sieht bei Ihren Apps und in Ihrer Plattform die Monetarisierung aus?

Ein während der Landung aufgezeichnetes Viedo-Signal wird im Kontrollsystem aufgezeichnet und mit einem vom Kunden entwickelten Algorithmus analysiert. Der Algorithmus wurde über ein Docker-Image im Controller AMAX 80C von SALZ Automation integriert.

Dr. Thomas Holm: Wir arbeiten oft in kompletten Projekten. Da werden alle Leistungen im Vorfeld festgelegt und typischerweise in den Preis einkalkuliert, einschließlich der Software. Aber wir bieten auch einen App-Store, bei dem wir sagen: „Powered by Flecs“. Wir sind strategischer Partner von Flecs Technologies und stützen uns hier auf deren Lösung. Wer also unsere Lösung einsetzt, kann auf der Plattform alle Apps installieren und nutzen, die von Flecs angeboten werden. Und dafür läuft dann die Abrechnung automatisiert über Flecs Technologies. Oft kommen Kunden aber auch schon mit fertigen Applikationen und benötigen gar keinen App-Store.

Ulrich Sendler: Apps über Pay per Use sind also auch bei der Plattform nicht der Hauptteil Ihres Geschäfts?

Dr. Thomas Holm: Richtig. Das ist wahrscheinlich der größte Unterschied bei Software-Nutzung in der Automatisierungstechnik. Im B2B-Geschäft kommt Pay per Use erst ganz langsam an. Hier sind die Beteiligten noch papierbasierte Abrechnungsvorgänge gewohnt, nicht das schnelle Geschäft wie im B2C. Es ist auch manchmal nicht einmal ein App-Store erforderlich. Wir haben aus diesem Grund zwei Lösungen vorgesehen. Wir nennen sie Pure und Flecs.

Ulrich Sendler: Bitte erläutern Sie die Unterschiede.

SALZ Controller: Eine Plattform, zwei Ebenen

Dr. Thomas Holm: Bei SALZ Pure kann der Kunde Docker-Images selbst hinzuladen – zum Beispiel Images, die er auf dem USB-Stick transportiert. Nicht jeder hat während der Inbetriebnahme der Anlage die beste Internetverbindung. Deshalb ist für viele Anwender die Möglichkeit des „Offline-Engineerings“ ein absolutes Muss. Und in unseren Geräten ist SALZ Pure natürlich vorinstalliert. Wenn die eigenen Applikationen nicht ausreichen, dann öffnet der App-Store dem Kunden ein zusätzliches Potpourri an nützlichen Apps für die Automatisierungstechnik.

Ulrich Sendler: Im Umfeld der offenen Plattformen ist immer auch von Ökosystemen die Rede. Bauen Sie um SALZ Automation auch ein Ökosystem? Oder sind Sie Teil eines anderen?

Dr. Thomas Holm: Für den Aufbau eines eigenen Ökosystems sind wir nicht groß genug – das ist auch nicht unser Ziel. Wir wollen moderne und ehrliche Automatisierungslösungen anbieten. Dazu sind wir unter anderem Partner von Flecs Technologies. Darüber sind wir natürlich auch Partner für alle Plattformanbieter, die mit Flecs zusammenarbeiten.

Ulrich Sendler: Die Offenheit der Plattformen ist ein zentraler Aspekt der Marktübersicht. Wie stehen Sie dazu?

Dr. Thomas Holm: Die Offenheit wird sowohl für unsere Auftraggeber als auch für deren Kunden tatsächlich immer mehr zum entscheidenden Punkt im Wettbewerb. Neben der reinen Funktionalität einer Lösung steht zunehmend die Frage: Wie schnell habe ich die Lösung lauffähig? Wie leicht kann ich sie ergänzen und anpassen? Wie gut kann ich Lösungen anderer Anbieter damit koppeln? Wie frei bin ich in der Wahl meiner Entwicklungsumgebung? Wir glauben, dass unsere offene Lösung gerade auch mit ihrem Fokus auf Security und Performance erfolgreich ist.