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Ein Chefredakteur bei WEKA Fachmedien verabschiedet sich in einer Mail an Freunde und Bekannte mit dem Betreff „Ich bin dann mal weg – I’m off then“ (Auszug-Screenshot Sendler). Wer versucht, ihn unter der unter seinem Abschiedsbrief angegebenen Telefonnummer zu erreichen, erfährt, dass es ihn nicht mehr gibt bei WEKA. Keine Nummer, keine Mail-Adresse. Weg. Und wer weiter schaut, von wem im Verlag er etwas erfahren könnte, was denn da los ist, stellt fest: Da ist nicht nur einer und eine weg, sondern eine ganze Reihe.

Mitte letzten Jahres wurde die WEKA Holding von der Private Equity Firma Paragon Partners mit Sitz in München übernommen. Sie ist seit 2004 auf die Übernahme und das Geschäft mit mittelständischen Unternehmen in Deutschland spezialisiert. Eine neue, schlanke Cluster-basierte Struktur wird es ab Februar geben, schreibt der ehemalige Chefredakteur, in der „die Marken Markt&Technik, Elektronik, Elektronik Automotive, DESIGN&ELEKTRONIK und Medical Design in einem Elektronik-Cluster zusammengefasst“ sind. Für so ein Cluster braucht man natürlich nicht so viele Redakteure, Layouter und Anzeigenverkäufer wie für die einzelnen Marken. Deshalb war auch die Aussage des WEKA Holding Geschäftsführers Wolfgang Materna im vergangenen Sommer, dass er „die Zukunft von WEKA, unseren Mitarbeitern und unseren Geschäftspartnern in guten Händen“ sehe, ziemlich leeres Gerede. „Das Management und die Mitarbeiter der WEKA-Gruppe werden auch in der neuen Gesellschafterstruktur alles für die erfolgreiche Fortführung der Geschäfte geben.“ Er hätte sagen sollen,  soweit und solange sie noch gebraucht werden.

Die Fachverlage haben schon lange ein Problem. Ihr Geschäftsmodell – Inhaltsplatzierung und PR gegen Anzeigenschaltung – ist seit rund 20 Jahren ein vom rapiden Aussterben bedrohtes Modell. Die Anzeigen werden weniger, weil sich viele Unternehmen in der Komfortzone glauben, in der sie alles online selbst machen können. Auf jeden Fall irgendwo online billiger. Printmedien? Alter Kram. Anzeigen? Aber nur, wenn sie bestens auf die als Lead gewünschte Person zugeschnitten sind. Das geht vor allem über die neuen Geschäftsmodelle, die von den US-Konzernen mit dem bekannten Kürzel GAFA, also Google, Amazon, Facebook und Apple erfolgreich durchgesetzt wurden. Datendiebstahl gegen personalisierte Werbung. Von Fachmedien sind diese Konzerne sehr weit entfernt. Und die DSGVO macht es doppelt schwierig.

Die deutschen Fachverlage haben ein großes Problem, denn der Umstieg auf Online-Medien, die dann auch Gewinn bringen, ist beileibe nicht kostenlos zu haben. Mancher Verleger oder Verlagsdirektor denkt da wie mancher mittelständische Maschinenbauer: Wenn es auf dem gewohnten Weg nicht mehr genug einbringt, dann mache ich halt zu.

Im September 2020 wurden Henrich-Publikationen, erst 2010 von Carl Hanser übernommen, geschlossen. Geht es bei WEKA denselben Weg? Viel Zeit haben die verbliebenen Verlage jedenfalls nicht, ihr Geschäftsmodell den modernen Zeiten anzupassen und sich neu aufzustellen. Es wäre nicht nur schade wegen der immer noch zahlreichen Arbeitsplätze, die verloren gehen. Es ist auch schade um manches Magazin, das fehlen wird.