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Auch im 31. Jahr hat das prostep ivip Symposium nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt. Mit 665 Teilnehmern waren es in München am 10. und 11. April wieder etwas mehr als im Vorjahr in Stuttgart. Aber die großen Zuwachszahlen von vor der Pandemie wurden nicht erreicht. Das Motto: „Digital Engineering – Ready For Seemless Collaboration“. Treffen und Austausch mit internationalen Experten aus Automobilindustrie und Flugzeugbau, und natürlich mit der universitären Forschung und den Anbietern von Software aller Art – der Dreiklang des prostep ivip Vereins funktioniert auf hohem Niveau.

Fast 100 Sprecher trugen zu rund 50 Themen auf den verschiedenen Bühnen des MOC im Münchner Nordosten vor, wo das Symposium in diesem Jahr stattfand. Die begleitende Ausstellung war erneut ausgebucht, von den 33 Ausstellern nutzten acht die Möglichkeit eines Doppelstandes. Im nächsten Jahr geht es, wie am zweiten Tag bekanntgegeben wurde, nach Berlin ins BCC in unmittelbarer Nähe zum Alexanderplatz, und zwar am 13. und 14. Mai.

Insgesamt folgte das Programm der wohl größten anbieterunabhängigen Veranstaltung zu Engineering, PLM und industrieller Digitalisierung einem Konzept, das immer weniger auf Plenumsvorträge wie die beiden Keynotes der diesjährigen Hauptsponsoren BMW und PTC setzt, sondern zunehmend auf kleinere Parallel-Sessions mit Vorträgen und Workshops.

Vorstandsmitglied Philip Wibbing eröffnet das diesjährige Symposium. (Foto Sendler)

Eine Neuerung aus dem letzten Jahr hat sich auch 2024 nicht wirklich als Highlight erwiesen. In den Expert Corners standen dabei neben Keynote Sprechern Vertreter verschiedener Mitgliedsunternehmen gleichzeitig auf der Hauptbühne. Aber weder die allgemein gehaltenen Themen noch die kurzen Statements der Beteiligten boten einen echten Mehrwert. Besser wäre solche Zeit vielleicht mit Beiträgen von Fachleuten aus anderen Industrien oder Forschungsbereichen zu nutzen.

Die KI-Experten (von links): Prof. Rainer Stark, TU Berlin, Uwe Kloss, RLE, und Dr. Martin Strietzel PROSTEP AG. (Foto Sendler)

Dagegen kam die Diskussion um das Thema KI im Engineering, das bereits im letzten Jahr seine Brisanz mit einem übervollen Raum und sehr lebhafter Debatte bewiesen hatte, erneut zu kurz. Während ein nachfolgender Workshop mit Vertretern von Microsoft, PTC, Accenture und anderen zu Microsoft Copilot etc. eineinhalb Stunden hatte, musste die Diskussion von Teilnehmern mit drei ausgewiesenen KI-Experten mit viel zu knapp bemessenen 35 Minuten auskommen. Dabei standen mit Uwe Kloss, Leiter Digital Engineering bei RLE, Prof. Rainer Stark von der TU Berlin und Dr. Martin Strietzel von PROSTEP wirklich gute Ansprechpartner bereit.

Schon beim Symposium 2023 war zum Thema KI der Vorschlag aufgekommen, der Verein könne für die Mitgliedsunternehmen einen Pool von Engineering-Daten einrichten. Bekanntermaßen ist ja das größte Problem bei der industriellen KI-Nutzung, dass gerade die sensiblen Daten der Ingenieure nicht wie Wikipedia- oder Google-Kundendaten massenhaft frei zur Verfügung stehen. Erst recht nicht Modelle digitaler Zwillinge.

Dazu hat es auch eine Umfrage mit recht guter Beteiligung im Verein gegeben, aber bisher hat sich noch kein Unternehmen bereiterklärt, selbst Daten beizusteuern. Vielmehr scheinen einzelne Großunternehmen ihre riesigen Datenvorräte lieber ausschließlich selbst zu nutzen.

Der Verein könnte hier tatsächlich eine sehr wichtige Rolle spielen. Etwa indem er einen Engineering-spezifischen Datenraum zum Beispiel mit der International Data Spaces Association (IDSA) organisiert. So gäbe es eine Möglichkeit, allen Beteiligten die Sicherheit zu geben, dass sie Souverän über ihre Daten bleiben und dass technisch garantiert wird, dass nichts mit den Daten geschehen kann, das den Dateneigentümern schaden könnte.

Die ungeheure Vielfalt an Themen machte es erneut schwierig, unter gleichzeitig stattfindenden Sessions alles Interessante in einen eigenen Plan zu bringen. Gaia-X und Catena-X, MBSE und Systems Lifecycle Management, Datennutzung für neue Geschäftsmodelle – vielleicht wäre eine Konzentration auf weniger Themen und dafür noch mehr Raum für Austausch eine Überlegung wert.

Der prostep ivip Verein spielt für die Automobilindustrie, den Flugzeugbau und etliche Unternehmen anderer Branchen, und natürlich für die Anbieter von Industriesoftware und die Forschungsinstitute weiterhin eine große Rolle. Er könnte dieser Rolle – gerade in Zeiten von KI, modellbasiertem Systems Engineering und wachsender Regulierung der Industrie in Richtung Nachhaltigkeit – noch mehr Gewicht verleihen und seine Attraktivität vermutlich noch steigern.

Die neuen Guided Tours in der Pause zu Ausstellern fanden großen Zuspruch. (Foto Sendler)