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Zum Ende von 26 Jahren erfolgreicher Führung des Unternehmens PTC machte Jim Heppelmann am 5. Oktober auf seiner weltweiten Good Bye Tour im neuen Office von PTC in München Halt. Anfang 2024 wird er als CEO den Staffelstab an Neil Barua übergeben, der sich am Ende des Pressegesprächs zur Runde gesellte. Erst am Vortag war ein weiterer Unternehmenszukauf bekanntgegeben worden: PTC übernimmt das deutsche Softwareunternehmen pure-systems.

Als Jim Heppelmann 1998 mit dem von ihm gegründeten Unternehmen Windchill von PTC übernommen wurde, war die erste große Erfolgsphase des Anbieters des parametrischen CAD-Systems Pro/Engineer bereits an ihrem Ende.

Das PLM-System Windchill stellte sich als die große Chance für einen zweiten Aufschwung heraus. Und Jim Heppelmann wuchs zunächst in die Entwicklungsleitung und schließlich in die Führungsposition des Gesamtunternehmens, die er nun – nach 13 höchst erfolgreichen Jahren – zum Ende dieses Jahres abgibt.

Immer ein offener Gesprächspartner (Foto Sendler)

Ein gut gelaunter Jim Heppelmann  (Foto Sendler)

Anfang des neuen  Jahrtausends beginnt die Erfolgskurve von PTC unter Jim Heppelmann (Foto Sendler)

PTC hat dabei zunächst eine tiefe Talsohle durchschritten, um sich – mit einer Vielzahl von gelungenen Akquisitionen und einer gleichzeitig strategisch gut durchdachten und kontinuierlichen Weiterentwicklung seines Industriesoftwareportfolios – in den letzten zehn Jahren zu seinem derzeitigen Allzeithoch zu bewegen. Die Grafik, die dies veranschaulicht, zeigte Jim Heppelmann mit sichtlichem Stolz.

Unter der weltweiten Kundschaft von PTC in der Fertigungsindustrie nehmen die Automobilhersteller und ihre Zulieferer eine deutliche Vorrangstellung ein. Bei einer Versammlung führender Vertreter dieser Branche hatte Jim Heppelmann am Vortag seine Sicht auf deren große Herausforderung dargelegt, ganze Fahrzeuge künftig agil zu entwickeln. In diesem Zusammenhang erwähnte er, dass die führenden deutschen Hersteller zuletzt genau zu diesem Zweck Zigtausende Lizenzen von PTC‘s Codebeamer erworben haben. PTC hatte den 1998 in Stuttgart gegründeten Anbieter Intland mit seinem Application Lifecycle Management (ALM) System Codebeamer im Mai 2022 übernommen.

Die am 4. Oktober bekanntgegebene jüngste Übernahme von pure-systems bringt einen weiteren deutschen Hersteller unter die Fittiche von PTC. Sein in Magdeburg entwickeltes Tool pure::variants dient dem Management von Softwarevarianten, wie sie in der Industrie für eine enorm wachsende Variantenvielfalt benötigt werden. Die Fähigkeit, sie über die dabei entstehenden Konfigurationen hinweg nicht nur zu verfolgen, sondern ihr Management sicherzustellen, macht pure-systems zu einer wichtigen Ergänzung und wurde schon vor der Übernahme sowohl mit Windchill als auch mit Codebeamer verbunden.

Jim Heppelmann wird in der Pressemitteilung zitiert: „Wir glauben, dass die Kombination von Codebeamer und pure::variants PTC als einen der führenden Anbieter von Lösungen für Softwareanforderungen, Konfiguration, Test und Validierung auf dem Markt positioniert.“

Gut möglich. Sicher ist, dass Jim Heppelmann PTC in seiner Zeit als CEO eine ganze Reihe von zukunftsträchtigen Übernahmen beschert hat. Und dass seine Ausrichtung der Softwarepalette von CAD über PLM und ALM bis hin zu IoT (ThingWorx) und Cloud (Onshape) das Haus in Zeiten großer Umbrüche und einer generellen digitalen Transformation zu einem der am besten positionierten Anbieter von Software für die Fertigungsindustrie gemacht hat.

Neil Barua, ab 2024 CEO von PTC (Foto Sendler)

Jim Heppelmann hat eine Ausbildung als Maschinenbau-Ingenieur gemacht, bevor er sich auf die Software als wichtigstes Werkzeug des modernen Engineerings fokussierte. Sein Nachfolger Neil Barua ist Betriebswirt. Er hat Anfang dieses Jahres das von ihm geleitete Unternehmen ServiceMax an PTC verkauft. Zuvor machte er Erfahrungen als Operating Partner von Silverlake, einem US-Investor, das sich auf Technologieunternehmen spezialisiert hat.

Jim Heppelmann gab sich gelassen auf die Frage, warum PTC als seinen Nachfolger nicht wieder einen Technologie-Experten gewählt hat: „PTC muss die Technologie-Exertise nicht mehr im Posten des CEO vorhalten. Dafür haben wir in den vergangenen fünf Jahren mit dem Aufbau eines sehr starken Führungsteams gesorgt. Der CEO muss sich darauf verstehen, das Unternehmen zu führen.“

Wir werden sehen, wie das gelingt und wie sich PTC in den kommenden Jahren entwickelt. Sicher ist, dass mit Jim Heppelmann einer der letzten Pioniere der Industriesoftware geht. Sein enormes Wissen und Verständnis, sein Humor und sein angenehmer Umgang auch mit den Vertretern der Medien werden fehlen.