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Sind branchen- und fachübergreifende Messen sinnvoll? Können sie sich – nach den Erfahrungen von drei Jahren Pandemie – gegenüber Fachkongressen und themenspezifischen Veranstaltungen halten? Nachdem unter anderem ABB und AUCOTEC in diesem Jahr nicht auf der Hannover Messe ausstellten, fand ich es interessant, ein Stimmungsbild von einigen Ausstellern einzuholen. Auch wenn es nur einzelne Beispiele sind, geben sie doch einen Eindruck, welche Überlegungen hier eine Rolle spielen.

Hier die Antworten von Stephen Rose, Senior Vice President, Communciation Services bei Siemens.

Ulrich Sendler: Wie ist Ihre Haltung zu Messen nach der Pandemiepause?

Stephen Rose: Messen sind mehr als Ausstellungen. Sie sind Marktplätze, Orte der internationalen Begegnung und Treiber vielschichtiger Aktivitäten in den teilnehmenden Unternehmen, um im direkten Vergleich mit seinen Wettbewerbern bei Kunden und weiteren Stakeholdern auf den Punkt zu überzeugen. Messen sind also eine sehr gute Gelegenheit für Besucher, sich in kurzer Zeit einen unabhängigen Überblick über den Markt, dessen Teilnehmer und im persönlichen Dialog einen Eindruck zu Angeboten und Innovationen zu verschaffen.

Derzeit sehen wir bei großen internationalen Leitmessen eine Konsolidierung, sowie bei Branchenmessen eine Regionalisierung und Fokussierung. Dies hat mehrere Treiber: Nachhaltigkeit, Kosten, geändertes Reiseverhalten, sowie digitale Informations-Angebote. Dadurch sind teilweise Besucherzahlen zurückgegangen, während aber gleichzeitig die Qualität der Besucher gestiegen ist.

Stephen Rose, Senior Vice President Communication Services, Siemens (Foto Siemens)

Ulrich Sendler: Haben Sie Erfahrung mit Online-Events?

Stephen Rose: Ja, bei Siemens haben wir sehr weitreichende Erfahrungen. Bereits Jahre vor der Pandemie haben wir erste virtuelle Veranstaltungen durchgeführt. Während und kurz nach der Pandemie haben wir ca. 250 virtuelle und hybride Veranstaltungen pro Jahr in unterschiedlichsten Formaten umgesetzt. Virtuelle Formate erhöhen die regionale Reichweite, können aber die multisensorischen Vorteile einer Präsenzveranstaltung nicht gleichwertig ersetzen. Bei der Wahl des Veranstaltungsformats ist für uns stets die Frage entscheidend, wie wir unsere jeweiligen Zielgruppen am besten erreichen können – daher setzen wir nach wie vor auf beide Welten und kombinieren sie zum Wohle unserer Kunden.

Virtuelle Formate gehören aus unserer Sicht zum Informationsangebot und einem persönlichen Austausch mit unseren Kunden und Partnern dazu. Sie stehen in keinem Wettbewerb zu den klassischen Messen, sondern ergänzen die dort vorgestellten Inhalte. Sie geben Interessierten, die nicht persönlich teilnehmen können Möglichkeiten, alle Inhalte auch virtuell zu erleben, ob während der Veranstaltung selbst durch Live-Teilnahme oder im Nachgang zur Event.

Ulrich Sendler: Welche Messen sind für Sie interessant?

Stephen Rose: Branchenmessen , Leitmessen, Konferenzen und Summits je nach Geschäftsfeld und Zielsetzung.

Ulrich Sendler: Welche anderen Veranstaltungen nutzen Sie?

Stephen Rose: Externe und eigene Kundenveranstaltungen, Konferenzen, Showrooms, Roadshows, Pressekonferenzen und vieles mehr. Jeweils digital, hybrid oder physisch – je nach Zielsetzung und Zielgruppe.

Ulrich Sendler: Welches sind Ihre Hauptgründe für die Beteiligung an Messen?

Der Siemens-Stand auf der Hannover Messe 2023 (Foto Siemens)

Stephen Rose: Zunächst sollten Messen nicht als physische Ausstellung verstanden werden, sondern als ein Anlass, sich im Wettbewerberumfeld einem interessieren Publikum zu zeigen. Und diesen Anlass verstehen wir als Teil der sogenannten „Customer Journey“ mit verschiedenen digitalen und physischen Interaktionspunkten – mit dem Ziel, neue Geschäftsbeziehungen zu ermöglichen und bestehende zu vertiefen. Die Entscheidung, auf welchen Messen wir als Aussteller aufzutreten, basiert auf Kriterien, die je nach Geschäftszielen und Zielgruppen unterschiedlich gewichtet werden.

Ulrich Sendler: Welches sind Ihre Ziele als Aussteller?

Stephen Rose: Die Ziele sind je nach Messe unterschiedlich und reichen von reiner Geschäftsanbahnung, über Partnergewinnung und Dialog im Ecosystem bis hin zu kommunikationsrelevanten Zielen im Bereich von Pressearbeit, Image und Reputation.

Ulrich Sendler: Wo erreichen Sie diese Ziele derzeit am besten?

Stephen Rose: Das kommt sehr auf die jeweilige Zielsetzung sowie die unterschiedlichen Märkte und Zielgruppen an.