Wenn die Industrie will, kann sie die wirtschaftliche Entwicklung am Standort Deutschland ins Positive drehen. Aber sie muss dafür mit Gewohnheiten brechen und mutig in die Zukunft investieren. Die Tools sind da und ausgereift: Cloud und KI. Ihr Einsatz für die digitale Transformation der Industrie-Automation kann den Unterschied machen.
„2023 war das Jahr der KI-Innovationen, 2024 wird das Jahr des produktiven Einsatzes dieser Innovationen.“ So die F.A.Z. am 2. Januar unter dem Titel „Das Wettrennen um die Produktivität“. Gemeint sind die vielen Möglichkeiten, mit Hilfe der KI teures Personal für überflüssig gewordene Routinetätigkeiten einzusparen. Beispiele sind die, die allein im letzten Jahr laut F.A.Z. knapp 20 Milliarden Dollar in KI-Lösungen investiert haben. F.A.Z.: „Bei Google sollen aktuell wohl 30.000 Jobs im Verkauf von Werbeprodukten zur Disposition stehen; auch IBM oder Spotify haben solche Pläne schon angekündigt.“
Aber nicht damit wird der immer noch weltweit führende Industriestandort Deutschland seine Position stärken. Hierzulande geht es um den Einsatz der KI und der Web-Technologie im Herz der Fertigungsindustrie: in Produktion und Engineering. Namhafte Anbieter von Lösungen haben sich in den letzten Jahren in Stellung gebracht – Bosch Rexroth, Contact Software, Rittal und die Friedhelm Loh Group, Phoenix Contact, WAGO, Weidmüller, um sie in alphabetischer Reihenfolge zu nennen.
Ein Ruck durch die Industrie!
Maschinen- und Anlagenbau und alle anderen Branchen der diskreten Fertigung waren es gewohnt, neue Technologien mit Vorsicht und angezogener Handbremse zu nutzen. Nichts sollte das Allerheiligste, den Fertigungsprozess selbst, gefährden. Don’t stop running horses. Aber nun ist der Industriestandort selbst in Gefahr. Denn KI und Digitalisierung haben das Zeug, neue Player von China bis in die USA dazu einzuladen, uns zu überholen.
Es sind nicht die Server auf dem Firmengelände, die das Tempo und vor allem die Sicherheit bieten, die jetzt nötig sind. Es ist nicht das „weiter so“ mit der installierten Software, das die jetzt geforderte Innovation bringt. Es ist nicht die vertraute Wertschöpfungskette mit dem Produktverkauf am Ende, die der Industrie genügend Werte schafft.
Die Industrieproduktion selbst muss mit weniger Energie auskommen und Vorreiter der Energiewende sein. Produkte und Produktion müssen im Eiltempo nachhaltig und teilweise zum digitalen Service werden. Und gleichzeitig will der Weltmarkt individuelle Produkte, gefertigt in höchster Qualität und trotzdem so schnell wie in der Großserie. Das funktioniert nicht mit den alten Technologien. Deshalb wurden die Standards von Industrie 4.0 geschaffen. Jetzt müssen sie zum Einsatz kommen.
Cloud und KI können in ihrer industriellen Nutzung den Trend am Standort Deutschland drehen (Bild: 123rf Free Images)
Gemeinsame Datenräume (wie mit Catena-X und Manufacturing-X) zum Beispiel über die International Data Spaces Association (IDSA), mutige Investitionen in neue Lösungen auf Basis offener Standards (wie Linux und Kubernetes) – damit kann die Industrie genau den Unterschied machen, den der Standort braucht. Nicht mit einer deutschen oder europäischen eigenen Cloud-Plattform und KI-Plattformen. Dafür ist es vermutlich zu spät. Aber mit dem schnellen, sicheren und wirtschaftlich erfolgreichen Einsatz dieser Technologien auf dem Feld, auf dem die deutsche Industrie – noch – den Ton angeben kann.
Cloud und KI allein machen die bekannten Giganten in den USA noch mächtiger und reicher. Aber das große Feld der Nutzung dieser Technik in der Industrie haben sie trotz ihres Vorsprungs noch nicht erobern können. Hier haben wie noch einen Vorsprung, der zählt. Wenn wir ihn nutzen.